Sonntag, 17.09.2000
Heute ist es schon gegen 6.00 Uhr, als wir uns aus unseren warmen Schlafsäcken schälen. Beim Blick nach draußen können wir es erst einmal
nicht fassen: Es schneit! Bei dampfendem Kaffee und Kakao genießen wir unser köstliches Frühstück mit Blick auf den rieselnden Schnee
mitten im Wald. Wir fragen uns, ob wir bei dieser Witterung den Denali-Highway heute überhaupt noch befahren können. Es soll schon bei völlig
normalen Wetterverhältnissen nicht so ganz einfach sein, da es sich um eine 215 km lange Schotterstraße handelt, die nur im Osten auf einer
Länge von 34 km asphaltiert ist. Im Schneetreiben fahren wir zur nahegelegenen Dumpstation, dumpen und füllen Wasser auf und fahren dann
noch einmal zum Infocenter um zu sehen, wie der Wetterbericht ausfällt. Dort fällt unser Blick auf ein Schild: Die Straße in den Park ist nach 3 km
wegen Schneefall komplett gesperrt! Da hatten wir ja noch mal Glück, daß wir gestern noch bis hierher gefahren sind, denn heute säßen wir erst
mal da oben auf dem Teklanika Campground fest. Die Wetteraussichten für die nächsten Tage sindt gar nicht so schlecht, wie wir zunächst
befürchtet hatten. Schon gegen Mittag soll es aufklaren und ab morgen nur noch vereinzelte Bewölkung geben. Jetzt müssen wir nur noch
herausfinden, wie der Zustand des Denali-Highways ist und ob wir bis Paxson auf der anderen Seite fahren können. In Cantwell, wo wir vom
Georg Parks Hwy. abbiegen müssen, tanken wir noch einmal auf. Da wir in den letzten beiden Tagen wegen der ständig laufenden Heizung
einiges an Gas verbraucht haben, wollen wir das auch hier nachtanken. Wegen fehlenden Personals ist das hier sonntags aber angeblich nicht
möglich. So müssen wir hoffen, daß wir mit der restlichen Gasfüllung (die Anzeige zeigt noch etwa ein Viertel an) bis zur nächsten
Tankmöglichkeit kommen.
Dann beginnt unsere Fahrt auf der angeblichen "Traumstraße". Schon nach wenigen Kilometern haben wir auf der
zunächst noch asphaltierten Straße einen phantastischen Ausblick auf das hinter uns liegende Denali-Gebirge. Mittlerweile haben auch die
Niederschläge aufgehört, es ist sonnig geworden. Die Gravelroad geht weiter durch ein schönes Gebirgspanorama. Hier ist es auch nicht mehr
so kalt wie oben am Denali. Tief unten im Tal fließt der Nenana-River, der in der nahen Alaska-Range entspringt und in den Yukon fließt. Dann
erreichen wir ein Plateau mit Blick auf den Susitna-River. Wir haben eine Wasserscheide erreicht. Der Nenana-River strömt in den Yukon und
damit ins Bering-Meer, während der Susitna-River ins Cook Inlet und damit in den Pazifik fließt. Wir haben einen fast gänzlich freien Blick auf
die Alaska Range mit zahlreichen und riesigen Gletscherregionen.
Im übrigen sieht die Vegetation hier oben ziemlich trist aus: herbstlich braune
und fast gänzlich blätterlose Sträucher, dazwischen immer wieder Ebenen mit rötlich braunen Beerensträuchern, an denen wir noch einige
köstlich schmeckende Blaubeeren finden. Nach ca. 50 Meilen erreichen wir auf der Rumpelstrecke (nichts für Bandscheibengeschädigte) die
winzig kleine Ortschaft Gracious House, die aus einer Lodge, einigen Cabins und Tankmöglichkeit besteht. Das Ganze sieht schon etwas
verfallen aus. Aber nach einer Fahrt durch die absolute Einsamkeit (wenn man mal davon absieht, daß hier oben sehr viele Jäger unterwegs
sind), ist man froh, wenn man dann mal Anzeichen von Menschen sieht. So ergeht es mir jedenfalls auf dieser Strecke. Was mich angeht, so bin
ich nicht der Meinung, daß es eine "Traumstraße" ist. Sie ist zwar sehr schön, aber da gibt es weitaus schönere Strecken, die die Bezeichnung
"Traumstraße" verdienen. Mürbe macht mich allmählich auch die fürchterliche Rumpelei auf der Schotterstrecke. In den Schränken hüpft und
poltert der Inhalt lautstark durcheinander, und bei manchen Schlaglöchern muß man Angst haben, daß das Mobilar aus der Verankerung
gerissen wird.
Wir passieren dann eine große Holzbrücke über den Susitna-River. Hier pfeift der Wind dermaßen über die Sandbänke im
Flußbett, daß man meilenweit riesige Staubfahnen sehen kann. Die Landschaft wird in dieser Gegend immer trister und besteht bald nur noch
aus kahlen Berghängen und verdörrten Sträuchern. Als wir den 1.245 m hohen McLaren Summit erreichen, ist um uns herum alles mit Schnee
bedeckt. Nach uns unendlich erscheinenden 115 Meilen erreichen wir dann endlich den Tangle Lakes Campground, der idyllisch eingebettet in
einer flachen Felslandschaft liegt. Der auch hier um den Camper pfeifende Wind ist eiskalt, so daß wir uns einen Spaziergang zum See heute
Abend verkneifen. Auf der gesamten Strecke hierher haben wir kein einziges Tier gesehen. Was uns allerdings bisher positiv aufgefallen ist,
daß es in Alaska im Gegensatz zu Kanada keine vorherrschende Holzindustrie gibt. Bis jetzt haben wir noch keine kahlgeschlagenen
Berghänge gesehen.
Müde und geschafft von der Holperstrecke liegen wir bald in unseren Betten, während draußen der Wind um unsere Behausung pfeift.
W E I T E R
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