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   Yukon River mit Motorschlitten
(Moderator: admin)
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   Autor  Beitrag: Yukon River mit Motorschlitten  (Gelesen: 7293 mal)
 Peter_Kamper
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #30 Datum: März 8th, 2020 um 11:42:14am)
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Als ich am nächsten Morgen aufwachte und auf das in der Sonne hängende Thermometer guckte, waren es mal wieder -38C in der Sonne und mindestens 10 Meter oberhalb des Flusseises.
Es ist bekannt, dass Temperaturen selbst wenige Meter oberhalb des Flusses bei Windstille meist bis zu 5C wärmer sein können als auf dem Eis selbst.



Als ich wieder ins Apartment ging und die Meinung des Thermometers kund tat, verzog selbst Carsten das Gesicht.
Carsten, Kelly und ich beschlossen bis 11 Uhr morgens zu warten, bevor wir aufbrachen. Wir liessen uns beim Packen Zeit, aber typische kleine Fehler passierten:
Kelly’s Motorschlitten wollte in der Kälte nicht anspringen. Zwar hatten wir für den Notfall ein ’Starter-Pack’ dabei (eine kleine aber starke Batterie mit der man einen Motorschlitten auch mit einer eigentlich leeren Batterie starten konnte), aber trotzdem gab die Maschine keinen Pieps von sich. Erst nachdem wir eine lose Kabel-Verbindung gefunden hatten, sprang der Motorschlitten ohne Probleme an.
Ich versprach mir, das nächste mal ein kleines Messgerät für Batterien mitzunehmen. Wenn wir nicht in unserem Apartment sondern draussen in der Wildnis gewesen wären, hätte dies bei den herrschenden Temperaturen sicherlich so etwas wie Panik auslösen können. Ich nahm mir auf jeden Fall vor, ruhig zu bleiben falls es jemals soweit kam. Allerdings konnte mir dies nicht unbedingt versprechen.
Carsten war plötzlich ebenfalls nervös. Seine Gesichtsmaske war verschwunden. Dies war nun mal ein lebenswichtiger Teil seiner Ausrüstung.
Er vermutete, dass ich sie in meinen Rucksack eingepackt hatte, … oder vielleicht Kelly ? Also packten wir alles wieder aus und suchten das gesamte Apartment ab.
Am Schluss fand Carsten die Maske neben seinem Motorschlitten. Wie sie dort hin kam war uns allen schleierhaft, aber egal.



Kelly und ich hatten uns dazu entschlossen, die Rückfahrt eher langsam anzugehen. Da wir auf den langen Tages/Nachtfahrten nach Galena Carsten’s Tempo gefolgt waren, hatte ich wenig Zeit gehabt irgendwo Photos zu schiessen. Dies fand ich damals Schade.
Auch wollten wir uns alleine auf keine Nachtfahrt einlassen. Immerhin wollten wir die Tour (soweit dies bei —35C möglich war) auch ein bisschen geniessen.
Wir hatten also vor, an diesem Tag insgesamt nur 90 Kilometer zu fahren um dann die weiteren 150 Kilometer nach Tanana erst am nächsten Tag anzugehen.
Somit hatten wir geplant, in der ‘Yukon River Lodge’ 25 km flussaufwärts des Buschdorfes Ruby zu übernachten.
Carsten hatte allerdings eine weit längere Stecke in Richtung Küste vor sich. Er brach dann auch zuerst auf.



Es gab einen herzlichen Abschied und er klopfte mir auf die Schulter:” Was ich so von dir gesehen habe wirst du keine Probleme haben, Alter. Lass dich nur nicht aus der Ruhe bringen. “
Er drehte sich zu Kelly um und umarmte sie ebenfalls:” Lasst es euch gut gehen…”
Und mit diesen Worten fuhr er dann davon…
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Wir räumten unser Apartment auf, packten unsere Ausrüstung und schlossen zum letztem Mal die Tür des wirklich einmaligem Apartments von Kelly’s Freunden hinter uns.
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Letzte Änderung: Peter_Kamper - März 8th, 2020 um 12:15:25pm
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #31 Datum: März 8th, 2020 um 11:46:35am)
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Nun ging es los.
Als wir vor drei Tagen angekommen waren, hatte ich in der dunklen Nacht keinerlei Orientierung gehabt wo der Trail des ‘Iron Dog- Rennens’ im Dorf endete und wir auf einer der Hauptstraßen des Dorfes angekommen waren. Kelly sollte also voraus fahren um uns wieder zurück zum Trail zu bringen.
Sie fuhr vor und leitete uns schon 100 Meter weiter rechts auf den Yukon River hinaus. Vor uns lag ein wunderschöner Trail, der den Fluss überquerte.
“Ah, dachte ich. “Eine Abkürzung!”. Kelly hatte wie schon erwähnt für über 20 Jahre in Galena gelebt. Es war toll jemanden zu haben, der sich hier gut auskannte. Eine gute Abkürzung sollte man sicherlich nicht verschmähen.
Da ich eh der Unerfahrenste in unserer Gruppe gewesen war und Kelly deshalb hinter mir her fahren wollte, winkte sie mich auf dem Eis vorbei.
Wir redeten nicht viel. Jedes Mal wenn wir reden wollten, beschlug sich meine Gesichtsmaske obwohl ich sie abnahm. Dies war etwas, woran ich immer noch arbeiten musste…
So fuhren wir dann über den Yukon River und ich folgte dem Trail in einen nur 50 Meter breiten Seitenarm des Flusses, der von steilen verschneiten Flussbänken umgeben war.
“Aha, … das ist wahrscheinlich eine Abkürzung die sich die Einheimischen gemacht habe,” dachte ich mir. “Toll !”  
Nach 8 Kilometern endete der Flusstrail und führte einen ernsthaft steilen Hang hinauf. Im Sommer hätte ich diesen mit Händen und Füssen erklimmen müssen.
Aber was hatte mir Carsten am Vortag gesagt: “Bleib einfach auf der Maschine sitzen wenn du einen Steilhang hoch fährst. Die Dinger kleben am Boden !”
Also blieb ich auf der Maschine sitzen, gab leicht Gas und der Schlitten arbeitete sich tatsächlich ohne Probleme den Steilhang hoch. Wieder was gelernt….
Plötzlich waren wir nun allerdings von Weiden, Tannen und Unterholz umgeben. Der kurvige Trail war grade mal so breit wie die Kufen meiner Maschine und wir fuhren im Schritt-Tempo. Ich voraus.
Langsam wurde mir der schmale Trail allerdings unheimlich. “Ist das wirklich eine Abkürzung ?”, fragte ich mich.
“Beruehmte letzte Worte Nr. 1: Ich kenne eine Abkürzung…”, meinte meine innere Stimme. “Ist das nicht einer der dummen Witze, die du immer selbst erzählst…?”
Meine innere Stimme hatte wahrscheinlich Recht. Irgendetwas stimmte nicht….
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Kurze Zeit später fanden wir zwei gefällte und in Stücke geschnittene Tannen. Ich hatte während Gesprächen in Galena gehört, dass die Dorfbewohner im Winter Feuerholz auf den umliegenden Inseln fällten.
Dies war sicherlich nicht der Trail nach Ruby. Es war ein Trail, der gemacht worden war um Feuerholz zu schlagen.
Ich hielt an, stieg vom Schlitten und ging zu Kelly, die hinter mir anhielt.
“Das ist nicht der Trail auf dem wir gekommen sind. Damals sind wir mindestens 3 km entlang der Hauptstrasse gefahren. Wir sind diesmal schon nach 100 Metern auf den Fluss abgebogen. Bist du dir sicher, dass dieser Trail nach Ruby führt ?”
Kelly guckte mich zögernd an: “Wieso hast du denn nichts gesagt als wir auf den Fluss fuhren ?” - “Weil ich dachte, dass du dich hier auskennst.” - Du hättest was sagen sollen… “
Auch die beste Ehefrau von allen war wohl genau so wie ich nicht perfekt.
“Na, das fängt ja gut an…”, dachte ich mir.
“Wir drehen hier um und fahren zurück zur Stadt um den Iron Dog trail zu finden”, entschied ich.
"Wir können auch weiter fahren. Der Trail ist sicherlich in einem Kreis gelegt worden.”
“Hast du eine Abzweigung gesehen seit dem wir hier im Wald sind ?” -“Nein.”
Ich guckte sie zweifelnd an und deutete in den dichten Wald: “Wir haben weit schwerere Motorschlitten als die Jungs, die hier Holz holen und habe keine Lust hier stecken zu bleiben. Wir drehen um, und zwar jetzt !”
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Es dauerte 20 Minuten bis wir unsere Motorschlitten im Dickicht umgedreht hatten.
Wir fuhren auf dem engem Trail kurz in den tiefen Schnee an der Seite des Trails vor,  zogen den hinteren Teil der 250 kg Motorschlittens herum, zogen die Kufen in die richtige Richtung, fuhren dann ein bisschen rückwärts und wiederholten dies bis die erste unserer beiden Maschinen wieder in Richtung Galena auf dem Trail stand.
20 Minuten später konnten wir endlich wieder zurück zum Dorf fahren.
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Letzte Änderung: Peter_Kamper - März 8th, 2020 um 12:32:38pm
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #32 Datum: März 8th, 2020 um 11:48:46am)
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Der enge Seitenarm des Yukon in dem wir uns befanden, war kälter als alles was ich bisher gespürt hatte.
Auch hatte ich in meiner Montur stark geschwitzt während wir die Motorschlitten auf dem Trail umgedreht hatten. Mir wurde ernsthaft kalt.
Ich hatte einen Fehler begangen vor dem Musher des Yukon Quest während meiner Zeit als Dogdrop- Manager von ‘Mile101’ früher immer wieder berichtet hatten: Wenn man plötzlich bei grosser Kälte arbeiten muss um sich während des Rennens mit seinen Hunden einen steilen Berg hoch zu kämpfen, sollte man sich einem Teils seiner Kleidung entledigen oder ein paar Reißverschlüsse öffnen um kühl zu bleiben. Von Schweiss getränkte Kleidung kann später am Tag, wenn man wieder mal nur noch auf dem Hundeschlitten steht (oder in meinem Fall auf dem Motorschlitten sitzt) bei -40C leicht zum Verhängnis werden.
Es wäre mir leicht gefallen, ein paar Reißverschlüsse an meinem Anzug zu öffnen als wir die Maschinen auf dem Trail wuchteten. Allerdings hatte ich dies natürlich nicht getan.
Auch hätte ich Kelly fragen sollen wieso wir einen neuen Trail wählten, als sie mich am Flussufer vorwärts winkte und ich dann die Führung übernahm.
Dafür war ich allerdings wohl zu faul gewesen.
Es ist fast immer die Anzahl vieler kleinen Fehler, die schlussendlich zu einem Versagen führen. Ihm geheimem gab ich mir zwei verdiente mentale Ohrfeigen.
Davor hatte uns auch Carsten gewarnt.
Denk nach !
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Als wir über das Flusseis zurück nach Galena fuhren, hielt ich trotz allem einmal an um ein wohl eher unscharfes Photo der Stadt von meinem Motorschlitten aus zu machen. Mir war kalt, aber ich wollte diesen Eindruck in Erinnerung behalten.



Wir fuhren zurück auf die Hauptstrasse und dann in die Richtung des eigentlichen Trails.
Auch wenn Kelly sich nun an den Weg erinnerte, zeigte auch mein Garmin GPS wo wir hätten abbiegen sollen.
Schlussendlich fuhren wir dann zum zweitem Mal auf den Fluss hinaus und sahen sofort die Tail-Markierungen des Iron Dog Rennens.
Ich hatte den letzten Teil des Trails vor Galena vorher nur im Dunkeln erlebt. Diesmal sahen wir die Strecke allerdings im Sonnenschein unter strahlend blauem Himmel.
Die Eindrücke waren den Morgen wert.



Unten auf dem Yukon River Eis war es allerdings wirklich bitter kalt und wir hielten nicht allzu oft oft an.
Ich hätte mir wärmere Temperaturen gewünscht. Dem Gefühl nach sollte sich dieser Tag als einer der Kältesten auf dem Yukon River herausstellen.
Ohne Handschuhe konnte ich nicht länger als 4 Minuten ein gefrorenes Brötchen kauen, Wasser trinken oder ein Photo machen. Selbst mit meine dünnen Arbeitshandschuhe, mit denen ein Finger leider kein iPhone bedienen kann, waren an diesem Tag wenig hilfreich.
Im Gegensatz dazu erschien der Trail aber eher perfekt zu sein. Das Land lag in tief gefrorener Stille so vor uns.



Schlussendlich kam das Buschdorf Ruby in Sicht.
Kelly hatte gehofft, dort eine ihrer alten Freundinnen zu treffen. Diese war allerdings im Augenblick leider in Fairbanks.
Ruby war kein Buschdorf in eigentlicher Hinsicht.
Während Galena und Tanana uralte Indianersiedlungen waren, die vor Jahrhunderten auf der Nordseite des Yukon River gegründet worden waren, lag das “Dorf des weissen Mannes’ auf der Südseite des Flusses und erhielt im Winter kaum jemals Sonne.
Indianer wunderten sich damals über die Dummheit der ‘Weissen’ die das Land und die Jahreszeiten nicht verstehen.



Der Grund für den Ort dieser Siedlung wurde damals allerdings nicht in weiser Hinsicht auf Wetter und Sonne, sondern in Hinsicht auf ein Goldvorkommen weiter südlich des Flusses gewählt.
Es hätte für die Goldgräber damals keinen Sinn gemacht, die Siedlung auf der sonnigen Nordseite des Flusses zu bauen. Dort gab es kein Gold. So wurde Ruby zum einzigem Dorf am unterem Yukon River, das auf der schattigen Südseite des Flusses gegründet wurde.
Kurz vor Ruby hielt ich weit draussen auf dem Fluss an um ein Photo zu schiessen. Ich hatte wie immer mein iPhone 11pro in der warmen Bauchtasche meines Hoodies unter meinem Refrigiwear versteckt, zog die Handschuhe aus, zog Reisverschlüsse auf und machte ein Photo des Dorfes.
Schon kurz danach begannen meine Finger zu frieren.
Wenn die Finger frieren ist dies völlig ok. Erst wenn die Fingerkuppen weh tuen oder taub werden, ist der Zeitpunkt gekommen an dem man sich über Erfrierungen Sorgen machen muss. Allerdings war ich nicht weit davon entfernt als ich meine inzwischen eiskalten Handschuhe wieder anzog.
Ganz so lustig wie sich diese Geschichte anhört, war sie zu diesem Zeitpunkt für uns nicht.
Es war… kalt ! Im wahrstem Sinne des Wortes… kalt !
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Letzte Änderung: Peter_Kamper - März 8th, 2020 um 12:20:23pm
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #33 Datum: März 8th, 2020 um 12:00:01pm)
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“Willst du im Dorf anhalten ?”, fragte ich Kelly.
“Meine Freundin ist nicht da. Also … nein”, meinte Kelly. "Ich freue mich allerdings auf die Lodge ! Wie wär’s wenn wir weiter fahren. “.
“Es sollten eigentlich nur noch 35 Kilometer sein”, meinte ich.
Vor noch einer Woche erschienen mir 35 Kilometer auf einem Motorschlitten eine eher lange Strecke.
Zum ersten Mal wurde mir nun wirklich bewusst, wie Carsten’s kurze aber eher harte Schule mich geprägt hatte. 35 km auf dem Flusseis waren nun etwas für mich, das man je nach Trail zwischen dem erstem Morgenkaffe und einem ausgedehntem Frühstück zurück legen konnte.
Kelly lachte und deutete auf mein iPhone:” Steck das verdammte Ding ein. Let’s go !”
Ich vergrub es schuldbewusst wieder unter meinem Schneeanzug und startete meinen Motorschlitten.
Obwohl die Maschinen in hervorragendem Zustand waren, war ich ehrlich gesagt jedes Mal erleichtert wenn ich auf den Startkopf drückte und der Motor tatsächlich ansprang.
Dies war kein Hundeschlitten mit guten Hunden, die es selbst bei schlechter Laune wohl noch zum nächsten Dorf schaffen würden. Dies war ein Motorschlitten. Entweder sprangen er bei -35C in der hier herrschenden Kälte an, … oder eben nicht.
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Kurze Zeit später erreichten wir den Streckenabschnitt, an dem ich bei der Hinfahrt neben dem Trail am Nachmittag des zweitem Tages mit meiner Maschine kläglich im Aufeis versunken war.
Noch einmal hob ich die rechte Hand um Kelly hinter mir zu signalisieren, dass ich anhalten wollte. Ich wollte ein Photo der Gegend machen, in der ich versunken war und diese harmlos aussehende Gegend im Gedächtnis behalten.
Natürlich würde man Aufeis in den kommenden Jahren entlang des Flusses wahrscheinlich ganz wo anders finden. Trotzdem wollte ich eine Erinnerung an den so unschuldig aussehende Schnee und die Gefahren die darunter lagen.



Wer hätte gedacht, dass ich damals grade in diesem harmlos ausgehendem Schnee neben dem Trail im Overflow versinken würde ?
Wie ich mich ohne Carsten oder Kelly zurück auf den Trail gekämpft hätte, ist eine Frage, die ich mir selbst bis jetzt immer noch nicht mit Sicherheit beantworten kann.
Irgendeine Möglichkeit hätte ich wahrscheinlich schon gefunden, aber es ist eben das Wort ‘wahrscheinlich’, das mir in diesem Satz die meisten Gedanken macht.
Mit langsamen 40km/h konzentrierte ich mich diesmal ernsthaft darauf, in der Mitte des Trails zu bleiben.
Danach gaben wir auf einem fast perfektem Trail wieder Gas und erreichten 45 Minuten später bei strahlendem Sonnenschein die Yukon River Lodge.



Sam’s und Tamara’s Lodge lag an einem nördlichem und damit sonnigem Steilhang des Yukon Rivers.  
Auf der Fahrt von Tanana nach Galena hatte Carsten uns dort während einer kurzen Kaffeepause schon Tage vorher vorgestellt.
“Ah, … ich hatte mir schon Gedanken um euch gemacht”, meinte Sam, als wir schlussendlich an seiner Haustür vor fuhren.
Sam wusste, dass wir an diesem Tag auf dem Weg zu ihm waren und geplant hatten, vor Sonnenuntergang bei ihm anzukommen.
Wie sich erst später während eines gemütlichem Abends am Holzofen heraus stellte, war Sam eigentlich eher ein Buschläufer, der mit seiner Frau und viel Muskelkraft ein etwas zu grosses Haus in der Wildnis gebaut hatte und somit Gäste aufnehmen konnte, dann einfach so ein 'Benzin Depot' eingerichtet hatte und nun nicht nur komfortable Uebernachtungen anbot, sondern auch eine der verlaesslichsten und billigsten Tankstellen am Ufer des unterem Yukon Rivers besass.
Falls wir gegen Mitternacht nicht aufgetaucht wären, wäre er wahrscheinlich persönlich los gefahren um uns entlang des Trails zu finden.
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Als die Sonne unterging und wir unsere Motorschlitten bei ihm vor der Haustür parkten, wurden wir von seinen drei freundlichen Hunden und natürlich auch von Sam begruesst.
Leider habe ich von ihm keine Photos gemacht.
Es gibt gute Leute und gewisse Situationen, in denen man seine Kamera einfach in der Tasche stecken lässt….



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Letzte Änderung: Peter_Kamper - März 13th, 2020 um 4:01:08am
 Bootie
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #34 Datum: März 8th, 2020 um 12:10:54pm)
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Vielen Dank für den interessanten Bericht und die tollen Fotos!
Da hattet ihr ja sehr spezielle Erlebnisse.

Bootie

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Solange der Mensch denkt, dass ein Tier nicht fühlt, fühlt das Tier, dass der Mensch nicht denkt! (unbekannt)
 Peter_Kamper
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #35 Datum: März 13th, 2020 um 4:16:45am)
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Erst einmal lösten wir die Schnallgurte an unserem gefrorenem Gepäck und schleppten alles durch die Eingangshalle an der Küche vorbei durch’s riesige Wohnzimmer in ein wunderschönes Schlafzimmer.
Das Haus war wohl zum Teil in den Hang gegraben worden und wie ich nun bemerkte, zwei-stöckig. Es war weit größer als man im tiefem Schnee von draussen hätte erahnen können.
“Sollen wir die Schuhe ausziehen?”, fragte ich. Sam winkte ab. “Nicht nötig. Fühlt euch einfach zu hause…. ,” meinte er während seine Hunde freudig um uns herum sprangen. Zu dieser Jahreszeit hatte Sam wenig Besucher. Hütten gab es nicht. Man lebte bei ihm im Haus.
In unserem Schlafzimmer gab es drei Einzelbetten, ein kleinen Duschraum und ein Waschbecken mit Spiegel. Als ich meine Pelzmütze vom Kopf zog und in den Spiegel guckte, musste ich grinsen.
Völlig ungekämmt, immer noch mit dem vor Erfrierungen schützendem Panzerband an den Schläfen und leicht erschöpft sah ich wenig heldenhaft aus.
Kelly und ich hätten an diesem Tag sicherlich nicht weiter in den Abend hinein fahren wollen, obwohl Carsten dies wohl aus reiner Angewohnheit tat.
Uns waren 90 km an diesem Tag wirklich genug gewesen.
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Als ich nochmals hinaus zu unseren Motorschlitten ging, stand auch Sam draussen. Am spätem Nachmittag lagen die Temperaturen weit oben auf dem Steilhang an dem sein Haus stand bei nur -25C.
Er beobachte einen seiner Hunde, Nicolas.
“Siehst du das”, meinte er plötzlich zu mir, als ich die restlichen Zuraunte an der Maschine löste: “Guck zu… !
Er deutete auf Nicolas, der wohl irgend etwas im Tiefschnee zu wittern schien.
Er war auf einen zusammen geschobenen Schneehaufen gesprungen und arbeitete sich nun langsam im unberührtem Schnee mit der Nase suchend weiter vor. Seine Pfoten sanken nicht sehr tief in die Schneedecke ein bis er dann nach 2 Metern plötzlich doch ohne Vorwarnung komplett im Schnee einbrach und darunter verschwand.
Sekunden später tauchte sein Kopf wieder auf. Er schüttelte sich empört, arbeitete sich wieder zurück auf den Trail und kam dann schwanzwedelnd zu uns.
Sam kraulte Nicholas’ Kopf: “Es wird nur noch drei Wochen dauern, bis die Wölfe auf dem Schnee hier laufen können ohne einzubrechen,” meinte er zu mir.
“Im tiefem Schnee wird es jetzt für die Elche immer schwieriger werden Nahrung zu finden. Auch sind sie von den langen Monaten mit Rekord- Kälte völlig erschöpft. Wenn die Schneefläche hart genug für Wolfspfoten wird, wird’s den Elchen schlecht ergehen. Die armen Kerle haben dieses Jahr mit solch einem Winter ein wirklich hartes Los gezogen… “
—-
Wir kochten unsere mitgebrachten Dosensuppen, und setzten uns gemeinsam an den Holzofen im Wohnzimmer.
Sam setzte sich in seinen Sessel während sich seine drei Hunde geruhsam zu seinen Füssen legten.
Der Mann strahlte innere Ruhe und Zufriedenheit aus. Es war wohl etwas, das sich auf die Aura des gesamtem aus Holz gebautem Haus übertrug.

Auch wenn Sam glücklich verheiratet war, lebte er in seiner Lodge oft alleine. Das größte Ereignis des Winters für die Lodge war das Iron Dog Motorschlittenrennen, dessen Teilnehmer bei ihm 12 Tage vor unserer Ankunft angehalten hatten um Unterkunft und Benzin zu finden.
Seine Frau arbeitete jeweils 3 Wochen auf den Erdölfeldern um danach jeweils zwei Wochen frei zu haben. Sie flog dann ins nahegelegene Dorf Ruby ein, wo er sie mit dem Motorschlitten abholte.
Wenn das Yukon River Eis im Frühjahr brach, gab es weder Möglichkeiten mit Boot oder Motorschlitten zur Lodge zu gelangen. “Falls ich keinen überaus teuren Helikopter heuern will, stecke ich hier dann für 2 Monate alleine fest. Tamara kommt dann auch nicht rein oder raus. - Das selbe gilt für den Wintereinbruch… “
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 Peter_Kamper
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #36 Datum: März 13th, 2020 um 4:18:50am)
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Wir redeten über die Jaeger, die er im Herbst für die jährlich im September statt findende Elchjagd beherbergte, über Angler die er mit seinem Boot im Sommer zu Seitenflüssen und seinen geheimen Angelstellen brachte und auch über Rettungsaktionen mit Motorschlitten.
Sam ist wohl under anderem ein inoffizieller Rettungsdienst der Gegend, da er per Satellit über Internet oder Telefon erreichbar ist.
Wir sprachen über Kälte, unsere kleinen aber schmerzhaften Erfahrungen entlang des Trails und seine eigene Ausrüstung.
“Ich weiss, dass ich mich auf meine Ausrüstung verlassen kann”, meinte er.
“Als ich allerdings damals angerufen wurde um einen Motorschlittenfahrer bei -50C während eines Sturmes auf dem Yukon zu finden, tat ich dies natürlich. Ich kenne mich hier ja auch ohne Trail aus. Aber als ich 12 Stunden später im Dunkeln wieder nach Hause kam, war der Wind so durch die Klappen und Verschlüsse meines Anzugs gezogen, dass ich von Brust bis Bauch Erfriehrungen hatte.”
Er lachte nachdenklich und schüttelte den Kopf: “Das war echt kein Spass und manchmal hilft selbst die beste Ausrüstung nicht. Aber zumindest haben wir den Kerl lebend gefunden.”
Seine Maschine war 15 km östlich von hier im Overflow eingesunken. Als ich ihn bei -50C dort draussen fand war klar, dass er alleine wirklich keine Chance gehabt sie alleine raus zu kriegen. Sobald das Wasser unter dem Schnee entblößt wurde, frohr es auch  ” - “Ehrlich gesagt weiss ich nicht, was er sich vorstellte als er damals bei starkem Wind und -50C auf verblasenen Trails von Tanana nach Galena fahren wollte. Ich fahre bei solchen Temperaturen ausser im Notfall sicherlich nicht raus.”
Sam erzählte seine Geschichten zurück gelehnt in seinem Sessel mit einer Tasse Kaffe in der Hand und seinen Hunden zu Füssen.
Worüber andere Leute vielleicht eine ‘Heldengeschichte’ schreiben würden, erschien ihm wohl eher als eine ungemütliche Nacht die er - falls nicht unbedingt notwendig- einfach nicht nochmal erleben wollte. Ihm erschien seine Rolle wohl eher die eines Vaters, der es für notwendig empfand ‘Kinder’ aus lebensgefährlichen Situationen zu retten.
“Ich bin dann am nächstem Tag mit einem Freund zurück zum Motorschlitten gefahren. Wir haben die Maschine dann mit Äxten aus dem inzwischen gefrorenem Overflow frei geschlagen. Die ‘Track’ (Laufband) war so voll mit Eis, dass es unmöglich war die Maschine wieder zum laufen zu bringen. Ich bin dann nochmal zurück zur Lodge gefahren und habe meinen grossen Schlitten an meine Maschine angehängt.”
Er zuckte mit den Schultern: “Am Schluss haben wir dann den gefrorenen Motorschlitten auf meinen Anhängerschlitten gehievt und zwei Tage bei mir in der Garage auftauen lassen.”
Wieder einmal wurde mir bewusst wie unerfahren ich eigentlich war und erzählte wie ich kurz vor Ruby zwei Mal im Overflow stecken geblieben bin.
Sam guckte mich an: “Ah, das warst du ? Als ich da letztens auf dem Trail nach Ruby vorbei gefahren bin, hatte ich mir schon gedacht: ’Na hier hat jemand tüchtig gearbeitet’.”
“Ja, …”.
“Du hast keine Ahnung wie oft ich schon stecken geblieben bin. Training macht den Meister.” Er zwinkerte mir zu und wir änderten das Thema.

Kelly und Sam begannen sich später gegenseitig Geschichten der Familien entlang des unteren Yukon zu erzählen.
Wie schon erwähnt, hatte Kelly für über 20 Jahre bis 2001 unweit Sam’s Lodge (70 bis 120 km entfernt) in Galena und Koyukuk mit ihrem damaligem Ehemann fünf Kinder gross gezogen.
Die Beiden kannten sich natürlich in der Gegend aus und tauschten Erfahrungen.
Ich hielt mich bei diesem Gespräch eher raus, denn die Vielfalt der Familiennamen und deren Verbindungen zwischen Ruby, Galena, Tanana und Koyukuk,…. wer was nun wo machte und wer welche Abenteuer erlebt hatte…., all das konnte ich an diesem Abend nicht wirklich im Kopf behalten.
Langsam verstand ich allerdings, dass der Yukon River diese abseits gelegenen Dörfer tatsächlich nur durch Familien, Motorschlitten und im Sommer auch Boote verbunden hielt.
Es war also kein Wunder, dass kaum jemand in Galena mit der Wimper zuckte, als wir dort nach hunderten von Kilometern auf unseren Motorschlitten ankamen. Motorschlitten und Boote sind seit zwei Generationen das einzig erschwingliche Transportmittel zwischen diesen Dörfern. Flüge sind erhältlich, kosten aber mehr als man dafür bezahlen will.
Wer wie früher Schlittenhunde halten will wird schnell herausfinden, dass Motorschlitten schneller und billiger sind, …. ausser wenn sie in Overflow stecken bleiben.
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 Peter_Kamper
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #37 Datum: März 13th, 2020 um 4:20:50am)
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Ich liess Sam und Kelly mit ihren Gedanken alleine um noch einmal draussen den sternenklaren Himmel zu geniessen.
Die Temperaturen waren wieder gesunken und Wald wie Fluss schienen den Atem anzuhalten. Unter dem im Sternenlicht schimmerndem Schnee des Flusses lag meterdicken Eis. Trotzdem wusste ich, dass der im Sommer so gewaltige Fluss darunter lautlos weiter floss.
Ich dachte an Carsten, der jetzt wohl schon wohl fast an der Küste der Bering See angekommen war.
Eigentlich war es seine Überredungskunst gewesen, auf deren Grund ich hier in dieser Nacht vor Sam’s Haustür 40 Meter oberhalb des Yukon River stand und in den sternenübersäten Himmel guckten durfte.

Während die Kälte schnell durch meinen Pullover drang und ich meine Hände in den Hosentaschen vergrub wusste ich allerdings plötzlich, dass es keinen Platz auf Erden gab an dem ich heute nacht lieber gewesen wäre.
Ich dachte zurueck an die ersten zwei harten Tage der Tour und fand heraus, dass ich auch davon keine einzige Minute mehr vermissen wollte. “Kopf runter und durch…”, hatte ich mir damals gesagt. Wahrscheinlich war ich in der Zwischenzeit gewachsen...
In Tanana hatten ich und Kelly auf der Hinfahrt nach Galena fast schon aufgeben wollen. Carsten war allerdings ein hervorragender Lehrer gewesen und jeden Tag war ich selbstsicherer geworden. Die morgige Strecke von 130 km bis nach Tanana erschien mir machbar. Ich musste bei diesem Gedanken allerdings leise lachen.
Eine Strecke, die mich vor Tagen selbst mit Carsten’s Hilfe noch äußerst beunruhigt hatte war plötzlich etwas, auf das ich mich selbst bei den herrschenden hohen Minusgraden eigentlich freute.
Wieder einmal wunderte ich mich wie es Carsten auf seiner Tour bisher ergangen war.
“Danke, Alter… “, murmelte ich und hob meine Hand flussabwärts. “Happy Trails, mate ! “
Nicolas, der mit mir raus gegangen war, kratze an der Haustuer und guckte mich vorwurfsvoll an: "Wir haben beide unsere Markierungen gesetzt. Kannst du jetzt bitte die Tuer aufmachen .... ?"
Mir war inzwischen auch kalt.
-
Es war Zeit ins Bett zu gehen....

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Letzte Änderung: Peter_Kamper - März 13th, 2020 um 4:31:06am
 Husky_Heinz
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #38 Datum: März 13th, 2020 um 7:22:31am)
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Hallo Peter,
wie immer super Bericht.
Einfach toll.
Gruß Husky_Heinz

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Husky_Heinz
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #39 Datum: März 13th, 2020 um 7:40:41am)
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am März 13th, 2020 um 7:22:31am schrieb Husky_Heinz :
Hallo Peter,
wie immer super Bericht.
Einfach toll.
Gruß Husky_Heinz
Zitierten Beitrag lesen


Dem schließe ich mich gerne an.

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“Als ich die Hand eines Menschen brauchte, reichte mir jemand seine Pfote“
 Peter_Kamper
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #40 Datum: März 13th, 2020 um 9:42:21am)
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Wir wachten morgens schon früh auf.
Als ich aus meiner mehr oder weniger spannenden Traumwelt wieder zurück in die tägliche Realität gleitete, öffnete ich meine Augen erst einmal nicht.
Manchmal ist es viel schöner die Augen geschlossen zu halten und die Rückkehr in Einstein’s Universum langsam zu vollziehen.
Sam redete im Wohnzimmer schon mit Kelly. Alle schon wach ?
“Du hast heute echt was vor. Konzentrier dich !”, meinte meine innere Stimme. Ich antwortete nicht. Es war viel zu früh um sich zu konzentrieren oder sich mit sich selbst zu streiten.
Also gähnte ich erst einmal um mein Gehirn in Gang zu bringen. Damit konnte ich nicht viel falsch machen…
Ok …
Wie viele Kilometer würden wir heute fahren ? 150 km… oder so. Ein Klacks…, oder ?
Ich versuchte meine Gedanken zu sortieren. Eigentlich sollten die Gesichtsmasken, Handschuhe, Socken und Einsätze im den Winterstiefeln trocken sein.
Alle Handgriffe zum Packen sassen schon seit…. gestern ? Also kein Problem.
Aufstehen, Dusche, Kaffee und ab. Nein, … warte Mal. Obwohl ich eigentlich nie Frühstück esse, hatte Carsten mir befohlen meinen Magen dort draussen immer halb voll zu halten.
Also musste ich etwas essen, worauf ich wie gewohnt auch an diesem Morgen keinerlei Lust verspürte.
Dann mussten wir bei Sam noch tanken. Ok…
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Ich stand auf und duschte mich sehr kurz.
Sam pumpt das Wasser für Duschen etc. knappe 30 Meter durch ein Loch im Eis des Flusses zu seinem Haus hoch. Da er dies bei den jetzigen Temperaturen ungern jeden Tag machte, wollten wir nicht zu viel Wasser verbrauchen. Für Trinkwasser hatte er ein spezielles Filtersystem.
Als ich ins Wohnzimmer kam plauderten die Beiden natürlich wie am letzten Abend über dörfliche Angelegenheiten der umliegenden 200 Kilometer.
Die aufgehende Sonne schien durch eine knapp 8 Meter lange Fenstergalerie und blendete mich so sehr, dass ich fast das ‘guten Morgen’ vergass.
Mir bot sich wieder mal ein grandioser Blick auf den Yukon River mit dem fuer uns nun fast üblichem strahlendem Sonnenaufgang und blauem Himmel.

Ich streichelte die Hunde und ging erst mal raus um frische Luft zu schnappen.
Das Aussenthermometer zeigte auch diesmal -38C. Von drinnen hatte es draussen gemütlicher ausgesehen. Die Kälte biss mir ins Gesicht.
“Manche Dinge ändern sich wohl nicht”, sagte ich mir. Die tiefen Temperaturen senkten meine aufkommend gute Laune zu einem eher niedrigem Niveau.  
Wir waren ca. 40 Meter oberhalb des Flussbettes. Dort unten war es sicherlich kälter und dies bedeutete dann ….
Wieder einmal unterbrach mich meine innere Stimme: “Geh rein, iss was und trink deinen Kaffee.”
Ok.
Na, zumindest schien die Sonne. Es könnte auch stürmen, und wie sollten wir dann einen verwehten Trail auf der Weite des Yukon finden ?
-
Drinnen bei Sam war es gemütlich. Wir redeten den Morgen über während die Sonne auf seiner riesigen im Winter unbenutzte Terrasse und durch die Fenster des Wohnzimmers schien.



Ich trank Kaffee mit zu viel Zucker und würgte ein Baguette mit Salami und Käse hinunter. Danke für den Vorschlag, Carsten….
Dabei trank ich allerdings auch fünf Glaser Wasser.
Für mich erscheint die Entwässerung bei kalten Temperaturen durch Wasserverlust während des Atmens weit gefährlicher als ein Mangel an Nahrung.
Immerhin hatte ich in den letzten Jahrzehnten vorsorglich genügend Fett für solche Nahrungsnotfälle aufgebaut.
Wasser ist eine andere Sache. Es ist absolut notwendig.
Es muss hier aber erwähnt werden, dass es im Falle eines Falles manchmal eher schwierig ist, das unter zwei Reisverschlüssen und drei Lagen Kleidung verborgene edle Teil mit dem ‘mann’ eventuell Wasser lassen muss, tatsächlich auch dort zu finden ist wo man es zuletzt gesehen hat.
Bei -35C unter drei verschiedenen Lagen Kleidung (ausschliesslich Unterhose) kann die Suche nach diesem Prunkstück unserer Männlichkeit eher extensive Ausmasse annehmen, bevor man es dort draussen bei Minusgraden ans Licht der Welt zerren kann.
Manche moegen nun lachen, andere werden allerdings genau wissen was ich meine und haben in solchen Situationen wohl die selben Erfahrungen gemacht.
Allerdings haben Damen es sicherlich nicht leichter als Maenner in solchen Situationen und ehrlich gesagt bewunderte ich Kelly, wenn auch sie das Notwendige bei -35C tat ohne mit der Wimper zu zucken.  
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Letzte Änderung: Peter_Kamper - März 13th, 2020 um 9:51:41am
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #41 Datum: März 13th, 2020 um 9:56:52am)
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Nun ja,
als wir uns bereit machten, ging alles wieder nach dem gewohntem Schema:
Packen, nichts vergessen, alles verschnallen, Motorschlitten starten… und erst Mal noch einen Kaffee trinken bevor sich die Motoren in der Kälte warm geschüttelt hatten.
Hatten wir etwas vergessen ? Nein.
Halsschutz, Gesichtsmaske, Fellmütze (Kelly trug ihren Helm), Handschuhe.
Extra Wasser in der Seitentasche meines Anzugs (rechts), GPS in der Brusttasche eingeschaltet, iPhone warm im Bauchbeutel unter dem Aussenanzug, dünne Handschuhe für Reparaturarbeiten (links), Taschentücher um meine Maske von Eis zu befreien (links), selbstaktivierende Wärmebeutel für den Notfall (rechts), scharfes Klappmesser (links).
Alles war da und an seinem Platz.
Raus gings….

Sam’s Hunde tanzten freudig um uns herum als wir ein paar Meter runter Richtung Steilufer fuhren um unsere Motorschlitten an seiner ’Tankstelle’ voll zu tanken. Speziell Nicholas (Nick) konnte seine Nase aus nichts raus halten….



Als Kelly ihren Schlitten leider ein bisschen zu schräg Richtung Fluss geparkt hatte und sich ihr Tank schlecht füllen lies, stieg Sam hilfreich hinten auf den Motorschlitten um die Maschine ein bisschen mehr waagegerecht zu halten. Alte Tricks über die ich nie nachgedacht hatte, die für ihn aber wohl Alltag waren.



Das eigentliche ’Tankhaus’ besteht aus Sperrholz und kann Motorschlitten oben am Berg sowie Boote unten am Fluss betanken.
Im Sommer kommen bei Sam Fähren mit Heizöl und Benzin vorbei um seine Tanks zu befüllen. Diese aus Nenana am Tanana River (vom Parks Highway) kommenden Fähren, fahren im Sommer hoch bis nach Fort Yukon, bis nach Hughes oben am Koyukuk River und bis weit hinunter zur Bering See um die dortigen Dörfer mit Benzin, Heizöl und anderem zu versorgen.
Falls Sam im Winter das Benzin oder Heizöl ausgeht, bringt er es mit Anhängerschlitten und seiner Maschine von Ruby aus selbst zur Lodge. So wie wir es persönlich erlebt haben, verkauft er sein Benzin zu billigeren Preisen als man es in den Buschdörfern erhält und ist eigenen Aussagen nach 24 Stunden am Tag offen.
“Ok, wenn dann mitten im Winter ein Motorschlittenfahrer um 3 Uhr morgens bei -40C an die Haustür klopft um 10 Liter Benzin zu kaufen, bin ich natürlich nicht begeistert. Falls so etwas passiert, gibt es dafür allerdings auch immer einen Grund. Wir sind auf jeden Fall verlässlich immer hier.”



-
Nach einem herzlichem Abschied fuhren wir dann schlussendlich wieder runter auf’s Flusseis. Plötzlich hörte ich allerdings einen Pfiff hinter mir und hielt an. Sam’s Hund Nicholas stand schwanzwedelnd neben mir und guckte mich begeistert an.
Ich nahm meine Schutzbrille ab und guckte zurück.
“Nick…”, rief Sam. “Komm her.” Nach leichtem Zögern lief der Hund wieder zurück.
“Wenn ihr nur so schnell fahrt wie ihr sagt, wird der Kerl euch für mindestens 5 Kilometer folgen bis er aufgibt. Da will ich ihn lieber jetzt rufen als ihn später auf dem Eis suchen zu müssen,”, rief Sam und hob seine Hand zum letztem Gruss.
Es ist nicht oft, dass man einen einfachen und guten Mann wie ihn trifft.
Den Steilhang hinunter und hinaus auf den Iron Dog Trail Richtung Osten .
Wir waren schlussendlich wieder auf dem Weg nach Tanana….



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 Peter_Kamper
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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #42 Datum: März 13th, 2020 um 10:07:23am)
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Herzlichen Dank fuer die lieben Worte.
Ich werde diese Geschichte in den naechsten Tagen hoffentlich zu ihrem Ende bringen.
Peter

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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #43 Datum: März 13th, 2020 um 10:25:10am)
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Peter , Die Bilder und Deine Geschichte sind einfach wunderbar.
Du hast mich damit grad an Tagen wie heute ganz ruhig daran erinnert, warum ich hier lebe.
Danke.
und hoer bitte nicht auf zu schreiben.

Milaq

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Re: Yukon River mit Motorschlitten
(Antworten #44 Datum: März 14th, 2020 um 10:22:20am)
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am März 13th, 2020 um 10:25:10am schrieb Milaq :
Peter , Die Bilder und Deine Geschichte sind einfach wunderbar.
Du hast mich damit grad an Tagen wie heute ganz ruhig daran erinnert, warum ich hier lebe.
Danke.
und hoer bitte nicht auf zu schreiben.

Milaq

Milag, hat recht einfach sehr schön geschrieben. Bin begeistert und sag noch mal schreib ::::::………
Bin auf die Fortsetzung gespannt.
Gruß Husky_Heinz
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Husky_Heinz
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